03.07.2014

Pressefreiheit gerettet!

Alle Zustellerinnen und Zusteller dürfen sich selbst auf die Schultern klopfen. Schließlich ist es uns nachtaktiven Werktätigen zu verdanken, dass die Pressefreiheit gerettet werden konnte. Das kleine Opfer - die Sonderregelung zum Mindestlohn - nehmen wir dafür doch gerne in Kauf.

Nur die böse Gewerkschaft sieht das wieder anders und bezeichnet das großkoalitionäre Rumgetue auf der bayerischen Zusteller-Webseite als Affentheater: http://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zusteller 

27.06.2014

Süße Kleinigkeiten und nächtliche Überfälle

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Das dachte wohl auch die geschätzte SZ Logistik und bedachte mich zur Weltmeisterschaft von mit einem Päckchen Gummibärchen. Danke, danke, an euch, die ihr immer so lieb an uns denkt. Wo ihr doch nicht einmal unser Arbeitgeber seid, sondern der Auftraggebers unseres Arbeitgebers, der mit euch so wenig verdient, dass er uns nicht einmal Gummibärchen schenken kann.

Ein Gummibärchen habe ich aber so verschluckt, dass ich fast daran zugrunde gegangen wäre. Das lag daran, dass mir ein Mensch in der Nacht ganz heftig auf die Schulter klopfte, mir ein Stück Papier unter die Nase hielt und mich ultimativ aufforderte, dies jetzt und sofort zu unterzeichnen.

Das Ansinnen und die Umstände waren obskur. Denn zum einen stand auf dem Papier nicht der leiseste Hinweis, von wem es stammt bzw. wer der Urheber ist. Auch bei dem Herrn wurde nicht klar, für wen er denn nun arbeitet. Das freilich scheint inzwischen System zu sein. Da kommen z.B. Briefe von ZV-Geschäftsführern, die stehen aber auf Briefpapier des Auftraggebers. Und dann gibt es jetzt ja auch noch einen eigenen Dienstleister für die ZV, der beim Auftraggeber angesiedelt ist. Da kann man schon mal ein wenig durcheinander kommen, wessen Hut man gerade auf hat, gell?

Der dumme Zusteller soll sich aber um solche Kleinigkeiten nicht scheren, sondern in Habachtstellung alle Anweisungen von Menschen umstandslos ausführen, die von sich behaupten, im Auftrag von Arbeitgeber/Auftraggeber/Dienstleister zu handeln. Jawoll.

Also, zurück zu diesem Papier. Kein Firmenhinweis, eine unleserliche Unterschrift, kein Klarname. Aber der Hinweis, dass dieses Schriftstück Anlage zum Arbeitsvertrag wird und mir bei fehlerhaften Angaben die fristlose Kündigung droht. Und das soll ich nachts auf der Straße unterzeichnen. Mit Verlaub, so dumm kann doch kein Arbeitnehmer sein!

Im Dunkel der Nacht waren zwei Daten zu erkennen: Eintritt und Beendigung. Beim Eintrittsdatum fehlten schon mal schlappe 20 Jahre. Tja, und bei der Beendigung stand  31.12.9999! Ist der Zustellermangel schon so groß, dass wir gleich noch im Paradies (und das ist uns Zustellern gewiss!) weiter austragen dürfen??

26.06.2014

ZVZ-Klagen: Schriftsätze beim Bundesarbeitsgericht eingereicht

Die arbeitsgerichtlichen Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen. Die noch laufenden Kündigungsschutzverfahren der ZVZ-Gekündigten sind jetzt beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt anhängig. Dieser Tage wurden fristgerecht die Schriftsätze eingereicht. Wir harren nun der Terminierung für die Verhandlung; fraglich, ob sie noch in diesem Jahr stattfindet. Wie hier schon berichtet, war sich die Rechtssprechung in den bisher mit den Klagen befassten Instanzen nicht einig. Jeweils eine Kammer hat die Klagen abgewiesen, eine andere hat den Klagen stattgegeben. In diesem Fall wären die Arbeitsverhältnisse von der ZVZ auf ZV City übergegangen und damit die Kündigungen unwirksam. 

Mindestlohn - kein Thema für die SZ

Der Mindestlohn von 8,50 ist für die Süddeutsche Zeitung kein Thema. Und zwar deshalb, weil jeder Zusteller und jede Zustellerin in München ohnehin mindestens auf einen Stundenlohn von 8,50 Euro komme. Das behaupteten Vertreter des Verlags bzw. der SZ Logistik schon vor zwei Jahren gegenüber Betriebsräten der ZVZ und Medienvertretern, die wegen der Schließung der ZVZ recherchierten.

Der Betriebsrat der ZVZ sowie ver.di-Vertreter hatten damals darauf hingewiesen, dass einzelnen ZVZ-Beschäftigten ein Vertrag in anderen ZV-Gesellschaften in Aussicht gestellt wurde - allerdings nur bei Unterzeichnung neuer und deutlich schlechterer Arbeitsverträge. Umgerechnet wären die Stundenlöhne vielfach nur bei 4 oder 5 Euro gelegen. Gegenüber den Medienvertretern wurde damals behauptet, die neuen Verträge würden keine Verschlechterung bedeuten. In diesem Zusammenhang wurde dann auch beteuert, dass in München schon jetzt jede/r Zusteller/in umgerechnet mindestens 8,50 pro Stunde verdiene.

Und wenn das Glashaus manchmal so schief ausschaut, dann liegt es an den Balken, die sich dort gebogen haben...

Sündteure Zusteller - Bundesregierung hilft den Verlegern

Für Zeitungsverleger ist die Welt nicht mehr in Ordnung. Sollen doch Zeitungszusteller 8,50 Euro Stundenlohn bekommen. Diesen immensen Stundenlohn haben sie nach Verlegermeinung nicht verdient - a) weil sie doch nur "niederste" Tätigkeiten ausführen und b) ein solcher Stundenlohn die Verleger direkt in den Untergang treibt. 225 Millionen Euro würde der Mindestlohn die Zeitungsverlage kosten. Sagen die Verleger. Und so schallt es aus den Verlagshäusern: Der Mindestlohn für Zeitungzusteller gefährdet die Pressefreiheit! Ja, liebe Freunde, hätten wir uns das jemals gedacht, dass wir einmal die Pressefreiheit gefährden?!

Damit die armen Verleger nicht untergehen, die Zeitungszusteller aber doch den Mindestlohn bekommen, hat sich die Bundesregierung jetzt etwas ganz Feines ausgedacht: Sie schenkt den Zeitungsverlegern 135 Millionen Euro. Und das geht so: Für fünf Jahre sollen die Minijobber in Zeitungsverlagen steuerlich wie Angestellte in Privathaushalten behandelt werden. Das heißt: statt 30 Prozent Pauschalbesteuerung werden nur 12,5 Prozent fällig. Das geht auf Kosten der Sozialkassen.

Die Verleger haben noch nicht verraten, wie sie auf die 225 Millionen Euro gekommen sind. Aber nachrechnen muss man ja nicht, wenn ehrenhafte Unernehmer solche Zahlen nennen. Schließlich sind die Bundeskanzlerin und die Verlegerin eines sehr bekannten Verlagshauses gute Freundinnen. Und unter Freunden traut man sich und muss sich helfen.

Ein gutes Geschäft für die Zeitungsverlage. Denn viele Zusteller/innen werden am Ende  nicht wirklich 8,50 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde auf ihrer Abrechnung vorfinden. Wie das geht, ist hier in diesem Blog bereits beschrieben. Und ist jetzt auch vom ARD-Magazin KONTRASTE aufgegriffen worden. Bericht dazu unter: https://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zusteller

11.04.2014

Zeitungspakete am Straßenrand

Zum Thema "Verteilstellen ade" haben uns mehrere Zuschriften erreicht. Eine Leserin aus Giesing empfiehlt einen nächtlichen Besuch an der Ecke Tegernseer-/St.-Bonifatiusstraße. Es ist, schreibt sie, "notgedrungen nächtliche Anarchie. Die Suche nach den eigenen Zeitungspaketen, Sortierarbeiten unter der Straßenlaterne, Pakete aufreißen und verladen unter freiem Himmel - es ist einfach dreist, was der Verlag hier den Zustellern und den Anwohnern antut!"

"Die Süddeutsche Zeitung scheint wild entschlossen zu sein, sich seiner Abonnenten in München zu entledigen", meint ein Kommentator aus der Innenstadt. "Das sind doch abenteuerliche Arbeitsbedingungen". Er verzichtet künftig auf sein Abo: "Es tut mir leid für alle, die an dem wichtigen Produkt Tageszeitung arbeiten, aber ich will nicht mittelbar Mitverursacher für Arbeits- und Lohnbedingungen sein, für die ich mich fremdschämen muss".

Schließlich erreichten uns auch noch zwei Rückmeldungen von Ausfahrern. "Ausbeutung kennen wir auch" schreibt einer. "Ich werde deshalb aussteigen. Das lohnt sich nicht mehr. Von dem Geld kann ich ja kaum noch das Benzin bezahlen." Sein Kollege spricht von den Abladestellen, die er anfährt - "an unmöglichen Stellen, meistens kaum beleuchtet", der Zeitknappheit und dem Stress. Zudem führen viele Direktablagen in Straßen, die mit dem Transporter kaum zu befahren sind - "eh schon eng und dann noch völlig zugeparkt".

So schaut sie aus, die (schon nicht mehr ganz so neue) Zustellphilosophie.    

24.03.2014

ver.di PUBLIK-Reporterin auf Zustelltour

Eine Reporterin von ver.di PUBLIK hat einen Zusteller in Bielefeld begleitet. Wie sich die Probleme ähneln.... -> Bericht und Link https://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zustellerl.

Wenn die Abrechnungen zurück nach München kommen...

Zum Thema Abrechnung hat uns folgender Beitrag erreicht: "Ich binde es gut, wenn die Abrechnung wieder nach München kommt. Dann wird sich auch klären, wo die vielen Fehler passiert sind. Ob in Stuttgart oder schon in den Münchner Geschäftsführungen. Die schieben ja bisher alles auf Stuttgart. Ob das stimmt, kann aber kein Zusteller prüfen, weil für uns ja ein striktes Kontaktverbot mit Stuttgart besteht. Jüngstes Beispiel, das mir bekannt wurde: Eine Kollegin hat einen Arbeitsunfall erlitten. Auf heftiges Drängen der Geschäftsführung tritt sie vorzeitig wieder die Arbeit an, gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat. Als "Dank" erhält die Kollegin nur gut die Hälfte ihres Lohns angewiesen, wegen Erkrankung. Wo die Unfallmeldung der Berufsgenossenschaft abgeblieben ist, bleibt im Dunkeln. Mit Stuttgart besteht ja Kontaktverbot und die Geschäftsführung zeigt bei der Aufklärung und raschen Nachzahlung des Differenzbetrages lange nicht so viel Engagement wie beim Antelefonieren während der Arbeitsunfähigkeit." 

Das Sterben der Verteilstellen

Die Umorganisation der Auslieferung geht weiter. Jüngst wurde u.a. bei der ZV Kirchheim Verteilstellen geschlossen und auf Direktablagen umgestellt.  Gelegentlich unter einem Vordach, meist aber unter freiem Himmel. Die "wohnortnahe Ablage" wird als Erleichterung für die Zusteller/innen bejubelt. In München muss ja auch funktionieren, was woanders auch schon geht. Wobei Planungs- und Schreibtischhelden dabei gerne Äpfel mit Birnen vergleichen. Das fängt bei der Vielzahl der zugestellten Objekte an (alleine vier Münchner Zeitungen; die geBILDete fünfte rechnen wir mal nicht mit, weil kaum Abos) und hört beim Münchner Klima auf.

Schön ist das Konzept vorallem für den Verlag. Der spart ordentlich an Mietkosten und Personal. Für den Zusteller schaut das aber spätestens dann ganz anders aus, wenn Dauerregen vom Himmel prasselt oder Eis und Schnee die Pakete zuwehen. Oder wenn mal wieder Zeitungen fehlen, weil die Pakete bei größeren Touren oft zwangsläufig offen am Platz liegen bleiben müssen und sich mancher Nachtschwärmere seine Morgenlektüre gleich mal mitnimmt. Ein besonderes Erlebnis sind auch Sortierarbeiten in der Nacht und unter freiem Himmel mit der Taschenlampe in der Hand.

"Leicht verdientes Geld"?? Sicher nicht, schon gar nicht, wenn man nächtens unter dem weiten Himmelszelt auch noch ewig auf den Transporter warten muss... Da aber wohl künftig davon auszugehen ist, dass jede/r Zusteller/in - natürlich auf Privatkosten - sein eigens iPhone parat hält, wird es dafür auch bald die Logistik-App geben. Mit dem Liveticker für Änderungsmeldungen und dem Abruf des aktuellen Transporter-Standortes samt voraussichtlicher Ankunftszeit an der Ablagestelle.  Ach, was werden das für herrliche Zeiten für Zusteller/innen!

Unsägliche Wichteleien

Haben wir bei unseren Auslassungen über die Wichtelei ein unsägliches Gequatsche gemacht oder uns gar noch mit fremden Federn geschmückt? Das jedenfalls haben wir einer Lesermeinung entnommen, die uns jedoch nicht vollständig erreicht hat. Nun, über sprachliche und inhaltliche Qualität lässt sich immer streiten. Dass wir aber uns aber quasi "urheberrechtlich" vergrifffen hätten, können wir nicht nachvollziehen. Dennoch haben wir den Beitrag vom Netz genommen. Friede den Hütten.

Der Beitrag entstand aufgrund eines Leserkommentars, der sich damit befasste, wie sich obere Hierarchie-Ebenen in der Zeitungszustellung (zum Beispiel auf Verlagsebene) darüber amüsieren, wie weiter unten getreten und geschlagen wird. Während also "Unten" die Kämpfe untereinander ausgetragen werden, können die Herrschenden entspannt in ihren Palästen sitzen.

Krieg den Hütten, Friede den Palästen - wie das Spiel funktioniert, hat schon Niccolo Machiavelli vor fast 500 Jahren beschrieben. Es gehtnur  um Macht, nicht um Verantwortung oder gar Moral. Es funktioniert im Betrieb genauso wie in der großen Politik. Dort schmeisst man einfach ein paar Reizworte in die "gesellschaftliche Diskussion" - und schon verkämpft sich das Wählervolk, gerne auch einmal von Medien befeuert, in Nebenkriegsschauplätzen, während die Mächtigen in Ruhe ihre Macht ausbauen können.

Zur Machtsicherung bedarf es williger Helfer. Und wie bekommt man die? Gib jemanden ein bisschen Macht und das Gefühl von Bedeutung. Und sei es nur ein blechernes Sternchen am Kragenspiegel. Macht macht süchtig. (Gottlob nicht immer, aber oft).

Wichtig bei dem Spiel ist: es geht nicht um wirkliche Problemlösungen. Es geht nur darum, die "Kontrolle" über das Fußvolk zu behalten. Ob mit raunzigen Feldwebel-Gehabe,  sinnentleerten Arbeitsanweisungen, dem Streuen von Gerüchten oder leeren Versprechungen. Hauptsache das Fußvolk ist beschäftigt und kommt nicht auf dumme Ideen.

Man stelle sich vor, jede/r Zusteller/in würde einmal ganz nüchtern das Verhältnis zwischen Arbeit und Lohn rechnen. Oder beim Mindestlohn prüfen, ob tatsächlich die effektive Arbeitszeit bezahlt wird. Am Ende würde beim Fußvolk womöglich noch die Erkenntnis reifen: Nur gemeinsam sind wir stark.

Das wäre allerdings wirklich erschreckend. Nicht nur für die Mächtigen. Denn es käme die Ausrede abhanden "da kann man ja nichts machen". 

18.03.2014

Wenn Schwaben sparen...

Wie verschiedentlich von Offiziellen oder Halboffiziellen in den ZVs zu hören ist, soll die Lohnabrechnung für die Zeitungszusteller wieder nach München zurückverlagert werden. Das wäre einmal eine gute Nachricht! Der Lohnabrechnung in München hatte der schwäbische Sparwahn das Licht ausgeblasen. Gegen den Protest der Betroffenen und des Verlagsbetriebsrats wurde die (komplizierte) Abrechnung nach Stuttgart verlagert. Folge war, wie allenthalben zu hören ist, ein absolutes Abrechnungschaos.

Die Schuld daran haben freilich nicht die Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart, sondern die sparwahnsinnigen Verlagsmächtigen. Mit souveränem Desinteresse an den tatsächlichen Abläufen haben sie mal wieder geglaubt, dass man "das bisschen Arbeit" ruckzuck auf andere Schultern verlagern kann. Und was interessiert es schon, dass diese Schultern selbst genug zu tun haben und mit dem Münchner Abrechnungssystem überhaupt nicht vertraut sind. Wir freuen uns, wenn sich die Sache bewahrheitet und die Abrechnung wieder nach München kommt. Es kann nur besser werden.

Wieder einmal bleibt festzustellen: Was mächtig Geld sparen sollte, hat mächtig Geld gekostet - und ist auf dem Rücken langjähriger Beschäftigter ausgetragen worden. Denn die von der Verlagerung betroffenen Beschäftigten in München wurden eiskalt vor die Tür gesetzt. Zwar mit Sozialplan, denn im Gegensatz zu den meisten ZVen hat der Verlag natürlich einen Betriebsrat. Und einen aktiven dazu. Aber was kann ein Sozialplan schon großartig helfen, wenn man einfach abserviert wird und die beruflichen Aussichten alles andere als rosig sind.

Viel Geld gekostet hat auch die mutwillige Schließung samt Kündigung der meist langjährigen Zustellerinnen und Zusteller der ZVH und ZVZ. Wobei bei der ZVZ auch noch Klagen anhängig sind, die für den Verlag noch sehr teuer werden können. Bleibt die Frage: Was hat die Süddeutsche Zeitung damit erreicht? Unendliche Kosten, frustrierte und um ihre berufliche Zukunft gebrachte Mitarbeiter, unendlichen Ärger mit Abonnenten samt Abbestellungen - und immer größere Probleme in der Zustellung. Bravo, souveränes Management! War es das wert?

Mit all dem Geld, was die Schließung der ZVH, der ZVZ und der Hin- und Herverlagerung der Abrechnung gekostet hat und noch kosten wird, hätten die MÜnchner Zusteller/innen auf Jahre hinaus ordentliche Löhne und das gute alte Weihnachtsgeld bekommen können.

Prämie, Weihnachtsgeld und das Stuttgarter Chaos -

Zu Weihnachten erlebte so mancher brave Zeitungszusteller in München eine wahre Freude. War ihm oder ihr doch gnädig von Chefs- bzw. Chefinnens-Gnaden eine "Prämie" wgen Reklamationsfreiheit gegönnt worden. Sie solle für diejenigen, die vertraglich keinen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld haben, ein kleiner Ausgleich sein, hieß es dazu. Nun, in der Tat ein "kleiner Ausgleich", denn die "Prämie" war nicht annähernd in der Höhe, die das Weihnachtsgeld in den Altverträgen hatte. Aber in diesen harten Zeiten muss man sich bescheiden und auch für eine Schmalhans´sche Gabe dankbar sein.

Die Gabe hatte freilich einen Haken: sie fand sich nicht auf der Abrechnung. Böser Wille? Naja, da wollen sogar wir einmal sanftmütig sein. Es könnte tatsächlich sein, dass die Abrechnung der "Prämien" Opfer des Stuttgarter Chaos wurde. Dazu mehr in einem weiteren Blogbeitrag.

Anmerkung: Bereits im Vorjahr erhielten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen kein Weihnachtsgeld mehr, die darauf aber einen Rechtsanspruch haben. In diesem Fall muss die unterbliebene Zahlung unbedingt schriftlich geltend gemacht werden!! (Hinweis: ver.di-Mitgliedere erhalten gfs. Rechtsschutz durch ihre Gewerkschaft!)

Mindestlohn 8,50 - die Realität sieht für meinen Zusteller ganz anders aus

Wenn ich dem taz-Bericht, dem Münchner & Bremer Blog sowie nach einem  netten Gespräch mit meinem Zeitungszusteller nur 75% Glauben schenke, finden ich diese Gutsherrenart von den Verlegern, deren Funktionären und dem dazu gehörigen Management beschämend. Dass trotz diesem niedrigen Lohnniveau sich noch Zeitungszusteller finden lassen gibt erheblich zu denken. Ein Stundenlohn von 3€ - 5€ darf keinen Platz in einem Land haben, das sich als sozial darstellt (Anmerkung der Redaktion: Und dies sogar in der Verfassung verankert hat: "Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundestaat." Artikel 20 Grundgesetz).

Bei einem wärmenden Kaffee habe ich mit meinem Zusteller einmal seinen Stundenlohn berechnet. Das Ergebnis: sein tatsächlicher Stundenlohn liegt bei maximal fünf Euro, oft aber auch darunter. Dabei hatte er in den "Lohn" auch Benzingeld und eine Pauschale für den Pkw-Verschleiß mit eingerechnet. Dabei sind das reine Aufwandsentschädigungen und kein "Lohn"! Der effektive Stundenlohn meines Zustellers ist deshalb deutlich unter fünf Euro.  

Wie ich den Blogbeiträgen entnehmen kann, behauptet die Süddeutsche Zeitung, sie würde allen Zeitungszustellern den gesetzlichen Mindestlohn garantieren. Diese Behauptung ist für meinen Zeitungszusteller völlig irrelevant! (Beitrag Woidler)

17.03.2014

Zum Thema Mindestlohn: Beitrag aus der Praxis

Vom Mindestlohn sind wir in München weit entfernt. Ausgehend von einer durchschnittlichen Arbeitsgeschwindigkeit, die ich als ununterbrochenes schnelles Gehen charakterisieren möchte, und unter Berücksichtigungung aller bei der Zeitungszustellung anfallenden Arbeiten, auch Tourenbuchführung, Verladen und Fahrten, habe ich zwei Monate lang genaue Zeitmessungen und Berechnungen durchgeführt. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass ein durchschnittlicher Münchner Zusteller mit einem alten Arbeitsvertrag etwa 6 -7 € pro Stunde verdient. Bei Zustellern mit einem neuen Vertrag sind es 4 - 5 €, sofern die beabsichtigte Lohnsenkung um etwa 30% realisiert wurde. Inzwischen bin ich glücklicherweise "emeritiert", aber das Thema "Ausbeutung" beschäftigt mich immer noch. (Beitrag Dux Emeritus)

15.01.2014

Mindestlohn muss auch für Zeitungszusteller gelten

Foto: Werner Bachmeier
Im Interview mit Detektor fm fordert ver.di-Tarifsekretär Siegfried Heim, Tarifsekretär für den Bereich Verlage, Druck und Papier, den Mindestlohn auch für Zeitungszusteller und erläutert die ver.di-Position. http://detektor.fm/politik/verpufft-der-mindestlohn-zeitungszusteller-drohen-leer-auszugehen/

taz: Armutsjob Zeitungzustellung

Barbara Dribbusch hat sich für taz in der Berliner Zeitungszustellung umgeschaut. Dort bietet sich ein ähnliches Bild wie in München und vielen anderen Orten. In dem Artikel geht die Autorin auch auf den Mindestlohn ein - unter dem besonderen Aspekt der Stückvergütung. Mit der lässt sich ein auf dem Papier ein Stundenlohn von zum Beispiel 8,50 Euro relativ problemlos konstruieren...http://www.taz.de/Armutsjob-Zeitungszusteller/!130634/

Die SZ berichtet über die Zusteller. Aber nicht über ihre eigenen

"Paketboten meistern einen Knochenjob, doch ihr Lohn ist gering" schreibt die Süddeutsche Zeitung am 19.12.2013 in einem Bericht über die Paketdienste. Das freilich könnte sie genauso gut über ihre Zeitungsusteller berichten. Ein Knochenjob - und elend bezahlt. Apropos Elend - darauf setzen sie, ob sie nun DHL, UPS oder SZ Logistik heißen. Nämlich darauf, dass es immer noch genügend Menschen gibt, die auf jeden noch so elenden Lohn angewiesen sind. Klar, dass die Zustellbetriebe für den huldvoll gezahlten Lohn natürlich auch Spitzenleistungen erwarten. Dass das nicht aufgeht, macht sich inzwischen in der Zeitungszustellung nachhaltig bemerkbar. Doch statt über eine faire Vergütung zu verhandeln, soll die Vergütung immer weiter gesenkt werden. (....)

Link und vollständiger Artikel: https://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zusteller 

Kommentare - und unsere Antwort


Liebe Leserinnen, liebe Leser, 
Servus Freunde,

wir haben einige Kommentare erhalten, auf die wir direkt eingehen wollen:

Na, liebe Münchner, was die Kommentare betrifft, haben Euch die Bremer deutlich den Rang abgelaufen. Kein Wunder bei solchen Leiharbeitern. Aber Ihr seid die Erfinder und Begründer. Und auch die Gesamtdarstellung lässt nichts zu wünschen übrig. zu Hinweis auf "Letzte Kommentare"  (Paranoicus)

Lieber Paranoicus, Danke für die lobenden Worte. Eine "Konkurrenz" mit den Bremer Kolleginnen und Kollegen sehen wir nicht. Im Gegenteil, wir freuen uns, wenn in Bremen die Diskussion munter verläuft. In München sind inzwischen viele der "altgedienten" und kritischen Akteure auf die Straße gesetzt worden oder sind von sich aus ausgestiegen. Die vermeintliche Ruhe ist für die SZ Logistik mit Qualitäts- und Personalproblemen, Aboverlusten und - nicht zu vergessen - Gerichtskosten teuer erkauft.


Die tapferen Streiter von ZVZ haben sich standhaft gewehrt. Und heute? Dominanz der Grunztiere auf der ganzen Linie. Warum? Braunäugige Kälber, sofern noch vorhanden, sind zwar treu und rein, aber unbedarft und naiv. zu Eine abgrundtiefe Schweinerei (Miesepeter)

Lieber Miesepeter, dem haben wir nichts hinzuzufügen. Siehe oben!  

Liebes Redaktionsteam, vielen Dank, dass Ihr wieder einmal etwas in Bewegung gesetzt habt. Wer schon einmal in einem Betriebsrat mitgewirkt hat, weiß, wie undankbar solche Aufgaben sind. Aber wenn Ihr weiterhin so lange pausiert, wandern die besten Leute nach Bremen ab. Der Bremer Blog hat in letzter Zeit deutlich an Format gewonnen, und das nicht von ungefähr. Ich selbst und noch einige andere halten hier auftragsgemäß vorläufig die Stellung. Natürlich darf sich daraus kein Konkurrenzdenken entwickeln, denn der Gegner agiert weiter oben. Ihr dürft gerne einmal etwas über Euch selbst und Eure "double qualification" erzählen. Manche interessieren sich dafür, manche wiederum nicht. So ist das nun einmal bei den Zeitungsträgern und auch sonst im Leben. Nicht dass Ihr am Ende resigniert wie Bejo Miberg und andere, deren Namen nie genannt wurden. Mit den besten Wünschen für Eure "main qualification" zu Hinweis auf "Letzte Kommentare" 
(Outis)


Lieber Outis, wir sind nach wie vor leidenschaftliche Blogger, nur haben sich zwangsläufig die Prioritäten verschoben. Wir konzentrieren uns momentan auf die Kündigungsschutzverfahren der ZVZ-Kollegas. Mit Freude sehen wir, dass nun auch eine Kammer des Landesarbeitsgerichts München unserer Argumentation folgt. Das ist nicht hoch genug einzuschätzen, lädt doch die bisherige Rechssprechung in Sachen Betriebsübergang zu solchen Umgehungs-Konstruktionen ein, wie sie die SZ Logistik GmbH bzw. die Süddeutsche Zeitung GmbH bisher anwendet. Jetzt endlich zerbröselt die Scheinlegalität, mit der ein nobler Verlag bar jeder Moral lästig gewordene Betriebsräte samt der Belegschaft bisher loszuwerden pflegte. Und wir sehen mit Freude, dass inzwischen den Zuständen in der Zustellung mehr öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird. (Siehe zuletzt den informativen Artikel in der taz). Und, wie gesagt, wir sehen uns in keinerlei Konkurrenz zum Bremer Blog. Je mehr zum Thema bloggen, umso besser!