03.07.2014

Pressefreiheit gerettet!

Alle Zustellerinnen und Zusteller dürfen sich selbst auf die Schultern klopfen. Schließlich ist es uns nachtaktiven Werktätigen zu verdanken, dass die Pressefreiheit gerettet werden konnte. Das kleine Opfer - die Sonderregelung zum Mindestlohn - nehmen wir dafür doch gerne in Kauf.

Nur die böse Gewerkschaft sieht das wieder anders und bezeichnet das großkoalitionäre Rumgetue auf der bayerischen Zusteller-Webseite als Affentheater: http://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zusteller 

27.06.2014

Süße Kleinigkeiten und nächtliche Überfälle

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Das dachte wohl auch die geschätzte SZ Logistik und bedachte mich zur Weltmeisterschaft von mit einem Päckchen Gummibärchen. Danke, danke, an euch, die ihr immer so lieb an uns denkt. Wo ihr doch nicht einmal unser Arbeitgeber seid, sondern der Auftraggebers unseres Arbeitgebers, der mit euch so wenig verdient, dass er uns nicht einmal Gummibärchen schenken kann.

Ein Gummibärchen habe ich aber so verschluckt, dass ich fast daran zugrunde gegangen wäre. Das lag daran, dass mir ein Mensch in der Nacht ganz heftig auf die Schulter klopfte, mir ein Stück Papier unter die Nase hielt und mich ultimativ aufforderte, dies jetzt und sofort zu unterzeichnen.

Das Ansinnen und die Umstände waren obskur. Denn zum einen stand auf dem Papier nicht der leiseste Hinweis, von wem es stammt bzw. wer der Urheber ist. Auch bei dem Herrn wurde nicht klar, für wen er denn nun arbeitet. Das freilich scheint inzwischen System zu sein. Da kommen z.B. Briefe von ZV-Geschäftsführern, die stehen aber auf Briefpapier des Auftraggebers. Und dann gibt es jetzt ja auch noch einen eigenen Dienstleister für die ZV, der beim Auftraggeber angesiedelt ist. Da kann man schon mal ein wenig durcheinander kommen, wessen Hut man gerade auf hat, gell?

Der dumme Zusteller soll sich aber um solche Kleinigkeiten nicht scheren, sondern in Habachtstellung alle Anweisungen von Menschen umstandslos ausführen, die von sich behaupten, im Auftrag von Arbeitgeber/Auftraggeber/Dienstleister zu handeln. Jawoll.

Also, zurück zu diesem Papier. Kein Firmenhinweis, eine unleserliche Unterschrift, kein Klarname. Aber der Hinweis, dass dieses Schriftstück Anlage zum Arbeitsvertrag wird und mir bei fehlerhaften Angaben die fristlose Kündigung droht. Und das soll ich nachts auf der Straße unterzeichnen. Mit Verlaub, so dumm kann doch kein Arbeitnehmer sein!

Im Dunkel der Nacht waren zwei Daten zu erkennen: Eintritt und Beendigung. Beim Eintrittsdatum fehlten schon mal schlappe 20 Jahre. Tja, und bei der Beendigung stand  31.12.9999! Ist der Zustellermangel schon so groß, dass wir gleich noch im Paradies (und das ist uns Zustellern gewiss!) weiter austragen dürfen??

26.06.2014

ZVZ-Klagen: Schriftsätze beim Bundesarbeitsgericht eingereicht

Die arbeitsgerichtlichen Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen. Die noch laufenden Kündigungsschutzverfahren der ZVZ-Gekündigten sind jetzt beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt anhängig. Dieser Tage wurden fristgerecht die Schriftsätze eingereicht. Wir harren nun der Terminierung für die Verhandlung; fraglich, ob sie noch in diesem Jahr stattfindet. Wie hier schon berichtet, war sich die Rechtssprechung in den bisher mit den Klagen befassten Instanzen nicht einig. Jeweils eine Kammer hat die Klagen abgewiesen, eine andere hat den Klagen stattgegeben. In diesem Fall wären die Arbeitsverhältnisse von der ZVZ auf ZV City übergegangen und damit die Kündigungen unwirksam. 

Mindestlohn - kein Thema für die SZ

Der Mindestlohn von 8,50 ist für die Süddeutsche Zeitung kein Thema. Und zwar deshalb, weil jeder Zusteller und jede Zustellerin in München ohnehin mindestens auf einen Stundenlohn von 8,50 Euro komme. Das behaupteten Vertreter des Verlags bzw. der SZ Logistik schon vor zwei Jahren gegenüber Betriebsräten der ZVZ und Medienvertretern, die wegen der Schließung der ZVZ recherchierten.

Der Betriebsrat der ZVZ sowie ver.di-Vertreter hatten damals darauf hingewiesen, dass einzelnen ZVZ-Beschäftigten ein Vertrag in anderen ZV-Gesellschaften in Aussicht gestellt wurde - allerdings nur bei Unterzeichnung neuer und deutlich schlechterer Arbeitsverträge. Umgerechnet wären die Stundenlöhne vielfach nur bei 4 oder 5 Euro gelegen. Gegenüber den Medienvertretern wurde damals behauptet, die neuen Verträge würden keine Verschlechterung bedeuten. In diesem Zusammenhang wurde dann auch beteuert, dass in München schon jetzt jede/r Zusteller/in umgerechnet mindestens 8,50 pro Stunde verdiene.

Und wenn das Glashaus manchmal so schief ausschaut, dann liegt es an den Balken, die sich dort gebogen haben...

Sündteure Zusteller - Bundesregierung hilft den Verlegern

Für Zeitungsverleger ist die Welt nicht mehr in Ordnung. Sollen doch Zeitungszusteller 8,50 Euro Stundenlohn bekommen. Diesen immensen Stundenlohn haben sie nach Verlegermeinung nicht verdient - a) weil sie doch nur "niederste" Tätigkeiten ausführen und b) ein solcher Stundenlohn die Verleger direkt in den Untergang treibt. 225 Millionen Euro würde der Mindestlohn die Zeitungsverlage kosten. Sagen die Verleger. Und so schallt es aus den Verlagshäusern: Der Mindestlohn für Zeitungzusteller gefährdet die Pressefreiheit! Ja, liebe Freunde, hätten wir uns das jemals gedacht, dass wir einmal die Pressefreiheit gefährden?!

Damit die armen Verleger nicht untergehen, die Zeitungszusteller aber doch den Mindestlohn bekommen, hat sich die Bundesregierung jetzt etwas ganz Feines ausgedacht: Sie schenkt den Zeitungsverlegern 135 Millionen Euro. Und das geht so: Für fünf Jahre sollen die Minijobber in Zeitungsverlagen steuerlich wie Angestellte in Privathaushalten behandelt werden. Das heißt: statt 30 Prozent Pauschalbesteuerung werden nur 12,5 Prozent fällig. Das geht auf Kosten der Sozialkassen.

Die Verleger haben noch nicht verraten, wie sie auf die 225 Millionen Euro gekommen sind. Aber nachrechnen muss man ja nicht, wenn ehrenhafte Unernehmer solche Zahlen nennen. Schließlich sind die Bundeskanzlerin und die Verlegerin eines sehr bekannten Verlagshauses gute Freundinnen. Und unter Freunden traut man sich und muss sich helfen.

Ein gutes Geschäft für die Zeitungsverlage. Denn viele Zusteller/innen werden am Ende  nicht wirklich 8,50 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde auf ihrer Abrechnung vorfinden. Wie das geht, ist hier in diesem Blog bereits beschrieben. Und ist jetzt auch vom ARD-Magazin KONTRASTE aufgegriffen worden. Bericht dazu unter: https://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zusteller

11.04.2014

Zeitungspakete am Straßenrand

Zum Thema "Verteilstellen ade" haben uns mehrere Zuschriften erreicht. Eine Leserin aus Giesing empfiehlt einen nächtlichen Besuch an der Ecke Tegernseer-/St.-Bonifatiusstraße. Es ist, schreibt sie, "notgedrungen nächtliche Anarchie. Die Suche nach den eigenen Zeitungspaketen, Sortierarbeiten unter der Straßenlaterne, Pakete aufreißen und verladen unter freiem Himmel - es ist einfach dreist, was der Verlag hier den Zustellern und den Anwohnern antut!"

"Die Süddeutsche Zeitung scheint wild entschlossen zu sein, sich seiner Abonnenten in München zu entledigen", meint ein Kommentator aus der Innenstadt. "Das sind doch abenteuerliche Arbeitsbedingungen". Er verzichtet künftig auf sein Abo: "Es tut mir leid für alle, die an dem wichtigen Produkt Tageszeitung arbeiten, aber ich will nicht mittelbar Mitverursacher für Arbeits- und Lohnbedingungen sein, für die ich mich fremdschämen muss".

Schließlich erreichten uns auch noch zwei Rückmeldungen von Ausfahrern. "Ausbeutung kennen wir auch" schreibt einer. "Ich werde deshalb aussteigen. Das lohnt sich nicht mehr. Von dem Geld kann ich ja kaum noch das Benzin bezahlen." Sein Kollege spricht von den Abladestellen, die er anfährt - "an unmöglichen Stellen, meistens kaum beleuchtet", der Zeitknappheit und dem Stress. Zudem führen viele Direktablagen in Straßen, die mit dem Transporter kaum zu befahren sind - "eh schon eng und dann noch völlig zugeparkt".

So schaut sie aus, die (schon nicht mehr ganz so neue) Zustellphilosophie.    

24.03.2014

ver.di PUBLIK-Reporterin auf Zustelltour

Eine Reporterin von ver.di PUBLIK hat einen Zusteller in Bielefeld begleitet. Wie sich die Probleme ähneln.... -> Bericht und Link https://medien-kunst-industrie-bayern.verdi.de/zustellerl.

Wenn die Abrechnungen zurück nach München kommen...

Zum Thema Abrechnung hat uns folgender Beitrag erreicht: "Ich binde es gut, wenn die Abrechnung wieder nach München kommt. Dann wird sich auch klären, wo die vielen Fehler passiert sind. Ob in Stuttgart oder schon in den Münchner Geschäftsführungen. Die schieben ja bisher alles auf Stuttgart. Ob das stimmt, kann aber kein Zusteller prüfen, weil für uns ja ein striktes Kontaktverbot mit Stuttgart besteht. Jüngstes Beispiel, das mir bekannt wurde: Eine Kollegin hat einen Arbeitsunfall erlitten. Auf heftiges Drängen der Geschäftsführung tritt sie vorzeitig wieder die Arbeit an, gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat. Als "Dank" erhält die Kollegin nur gut die Hälfte ihres Lohns angewiesen, wegen Erkrankung. Wo die Unfallmeldung der Berufsgenossenschaft abgeblieben ist, bleibt im Dunkeln. Mit Stuttgart besteht ja Kontaktverbot und die Geschäftsführung zeigt bei der Aufklärung und raschen Nachzahlung des Differenzbetrages lange nicht so viel Engagement wie beim Antelefonieren während der Arbeitsunfähigkeit."