29.09.2012

Aboland ist abgebrannt

Sie kennen Schickler nicht? Ein großer Nachteil, wen man in oder für eine Zeitung arbeitet. Denn Schickler ist eine Unternemensberatung, die seit einigen Jahren viel Geld damit verdient, Zeitungsverlagen aus der Krise zu helfen. Danach wird oft diskutiert, wer das größere Problem war: die Krise oder die Krisenhelfer. Denn die Schickler´schen Erkenntnisse sind von einer gewissen Gleichförmigkeit.

"Die Zustellkosten liegen 25 Prozent über den marktüblichen Preisen". Kommt Ihnen das bekannt vor? Ob in Aachen, Bremen oder München. Alle sind zu teuer. Bleibt nur die Frage, gegenüber wem zu teuer? Denn es gibt keine Konkurrenz. Die Zustellbetriebe gehören mittelbar oder unmittelbar stets Zeitungsverlagen. "Konkurrenz" wird allenfalls dadurch simuliert, dass unter Verlagsobhut ein weiterer "Betrieb" gegründet wird, der dann als "Mitbewerber" auftritt.

Die (be)herrschenden Marktbedingungen verhindern die Bildung einer tatsächlichen unabhängigen Konkurrenz. Denn wer könnte das wirtschaftliche Risiko tragen, eine eigene Zustellmannschaft aufzubauen, ohne zu wissen, ob er den Auftrag jemals bekommt? Und wer könnte - unabhängig vom Personal - eine eigene Zustellorganisation entwickeln, wenn er nicht über die Abodaten und Hausschlüssel verfügen würde?

Aber unter einem simulierten Wettbewerb kann der Verlag natürlich seiner Sub-Tochter A den Auftrag entziehen und ihn einer neuen Sub-Tochter B übergeben. Das ist der schnellste Weg, um die Löhne zu senken. Dieser Plan kommt immer dann zur Ausführung, wenn der übliche Weg nicht funktioniert hat: Die Belegschaft durch Druck und Angst zum "freiwilligen" Abschluss von neuen Verträgen zu bringen, die 25 oder 30 Prozent unter den bisherigen Vergütungen liegt.

Kommt Ihnen das alles auch bekannt vor? Ob in Aachen, Bremen oder München. Kein Wunder, alles im Schickler-Plan enthalten. Die flächendeckende Umsetzung ist in München bisher daran gescheitert, dass die in einigen Betrieben bestehenden Betriebsräte den Handstreich verhindern konnten. Um ein Exempel für aufsässige Belegschaften zu statuieren, wurde inzwischen zwei Betrieben der "Auftrag entzogen". Eine Farce ohnegleichen!

Fast eine Hundertschaft überwiegend langjähriger ZustellerInnen wurde auf diese Weise "entsorgt". Die Folge sind teilweise katastrophale Ausfälle bei der Zeitungszustellung. Und der Winter kommt erst noch!

Schickler hat halt nur eines übersehen: Wo die Zeitungszustellung in den Abgrund gespart wird, ersparen sich Abonnenten bald die Zeitung.  

12.09.2012

Eben noch gekommen: Interessanter Kommentar zu "Eben mal 100000 Euro gespart"

Logistiker in Panik vor dem Mindestlohn

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Erschüttert zeigte sich der Präsident der Zeitungsverleger, Helmut Heinen. Auslöser war der Vorschlag aus dem schwarzen Regierungslager für eine Lohnuntergrenze. Es gebe gute Gründe, so Heinen, dass "nach Stücklohn und nicht nach Stundenlohn" bezahlt werde. Für Zeitungszusteller bestünden "hohe Freiheitsgrade bei ihrer Tätigkeit". Der Zwang zur Stundenüberwachung sei "grotesk" und ein "Bürokratiemonster".

Was für eine Aufregung! Aufgepasst, Kollegas, die Freiheit wird jetzt auch morgens um drei mit dem Zeitungswagen verteidigt! Dabei könnten Verlage beim Stundenlohn viel Arbeit und Aufwand sparen. Man denke nur an die uferlosen und undurchsichtigen Abrechnungen, die den Münchner Zusteller/innen ins Haus flattern! Der Stücklohn hat freilich einen  unschätzbaren Vorteil für die Zeitungsverlage: Er verlagert das unternehmerische Risiko auf die Arbeitnehmer. Denn beim Stücklohn legen Zusteller/innen bei jeder Kündigung drauf. Einfach deshalb, weil der Zeitaufwand nicht wesentlich geringer wird, ob man nun 100 oder 90 Zeitungen zustellt - der Lohn aber schmilzt gleich um 10 % dahin.


Und dann, verehrte Logistiker: Geht nicht, gibt´s nicht! Schließlich schafft das die gelbe Post auch - und dann wurde ja auch für richtig viel Geld genau dafür das Sabris-System gekauft!

Logistiker in Panik vor Demografie

Der Schrecken für die Zeitungsverleger nimmt kein Ende. Schon beim Bundeskongress 2010 beklagte der Verlegerverband BDZV den zunehmenden Zustellermangel. Denn durch die demografische Entwicklung würden in 10 Jahren die heute über 60jährigen, die nach Angabe des BDZV den größten Teil der Beschäftigten ausmachen, "voraussichtlich nicht mehr zur Verfügung stehen". Ja, das ist schon eine Tragik für die Verlagslogistiker, dass die Zusteller/innen einfach älter werden! Bei den Jungen habe die Tätigkeit als Zusteller/in ein "Imageproblem", befand der BDZV und "verliere seine Attraktivität als Zusatzverdienst für die Familie".

Nun hätten sich die Verleger ja fragen können, warum die "Attraktivität als Zusatzverdienst" flötengeht. Aber solcher anstrengender Überlegungen musste man sich nicht hingeben, denn schließlich schlaue und teure Berater längst die Lösung gefunden: Eine Imagekampagne muss her! Dafür hat z.B. die Süddeutsche Zeitung bzw. sie SZ Logistik eine eigene Werbeagentur beauftragt. Der Erfolg war wohl nicht so umwerfend. Nur hat das leider so viel Geld gekostet, dass auch nach 18 Jahren keine Lohnerhöhung mehr für die Zusteller/innen drin war.

"Abo ist für die Verlage wirtschaftlich so wichtig wie nie"

Das verkündete der BDZV auf seiner Konferenz "Zeitungsvertrieb im Wandel" Ende 2011. Doch, so die bittere Erkenntnis des Verlegerverbands, "bei den Zustellern herrscht ein eklatanter Personalmangel - und der wird sich in Zukunft noch verstärken".  Doch auch das erfolgreichste Mittel gegen die Zustellernot, ein beim BDZV eigenes gegründeter Arbeitskreis, fand nur "partielle Lösungsansätze". Abhilfe sollen "neue Beschäftigungsformen", "Lohnerhöhungen" und "Unterstützung durch Sachleistungen wie Schuhe, Winterjacken und Preisrätsel" schaffen.

Die durch eine Werbeagentur gestützte Phantasie der SZ Logistik brachte dann den "Münchner Morgen" zustande, der vorallem durch seinen (von den Machern vielleicht gar nicht gewollten) Zynismus auffällt. Und das darin enthaltende Gewinnspiel sorgt unter den Münchner Zusteller/innen halbjährlich für vibrierende Begeisterung.

Brav die Vorgaben umgesetzt, verehrte SZ Logistik! Aber wurde da nicht etwas vergessen? War nicht auch von Schuhen und sogar von LOHNERHÖHUNGEN die Rede. Allein das Wort sorgt vermutlich bei den Obersparkommissaren und ihren subalternen Bücklingen für Schnappatmung. Wie war doch die Losung? 30 Prozent EiNSPAREN! Jawoll! Zur allgemeinen Erheiterung wollen wir noch eine besondere Erkenntnis des BZDV-Kongresses hervorheben:

"Unerlässlich ist die persönliche Wertschätzung der Mitarbeiter"


Die Wertschätzung besteht in München zum Beispiel darin, angesichts des lauthals beklagten Zustellermangels 57 Zusteller/innen vor die Tür zu setzen. Weil sie angeblich zu schlecht zugestellt haben. Dieses Märchen wird schon alleine dadurch ad absurdum geführt, dass gegenüber Betriebsrat und Beschäftigten drei unterschiedliche Begründungen genannt wurden. In den Sozialplanverhandlungen wurde schließlich als Grund genannt, dass die ZVZ "zu teuer" gewesen sei. Um wieviel zu teuer die ZVZ denn gewesen ist, kann der Geschäftsführer aber nicht beantworten.  

"Ziel des verlegerischen Engagements ist es, einen wesentlichen Beitrag zu leisten für das Leben, das Arbeiten und die Selbstbestimmung des einzelnen in einer sozialverpflichteten, freiheitlich-demokratischen und marktwirtschaftlichen Gesellschaft."    

Wir versagen uns an dieser Stelle jeden weiteren Kommentar zum Verlag, zur Selbstbeweihräucherung in seinem Unternehmensleitbild und zum Verhalten führender Herren. Ein Verlag, der dort, wo die lebenswichtigen Abonnements zuverlässig bedient werden,  auf Beschäftigten herumtrampelt und sie ihrer Rechte beraubt. Denn nichts anderes ist das ZV-Modell. Liebe Leserinnen, liebe Leser, verzeihen sie uns diesen einzigen Kommentar dazu: Wir können gar nicht so viel essen, wie wir .... wollen.   

05.09.2012

Das neue Abendblatt

Bitte bedienen Sie sich selbst
Gibt es in München ein neues Abendblatt? Das glaubten so manche Bewohner eines derzeit sehr gefragten Teils der Innenstadt, als neulich wiederholt um die Mittagszeit Zeitungen in die Hausflure abgeworfen wurden. Ein neues Produkt aus dem Schwabenhaus in Steinhausen?? Mitnichten. Es waren die vertrauten Blätter. Mittags frisch im Hausflur - für die Abonnenten. "Kein Problem" erschallt es wahrscheinlich von der Logistik-Brücke. "Wir haben alles im Griff"....

Prospekte, Kaffeeschnäppchen und Gebietsleiter

In der ZVF gibt es jetzt einen "Gebietsleiter". Einen solchen hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Was er denn tun soll, wurde dem Fußvolk noch nicht mitgeteilt. Dafür gab es Kaffeeschnäppchen (Teetrinker gingen mal wieder leer aus) und die Mitteilung, dass der Herr Gebietsleiter der ZVF Prospektverteiler sucht. Aha, steigt unser geliebter großer süddeutscher Verlag jetzt professionell in die Prospektverteilung ein?! Oder sollen vielleicht nur Millionen von Flugzetteln für die Zustellersuche verteilt werden? Wie auch immer, es ist immerhin ein immenser Fortschritt beim Zeitungszustellfirmengehabe in München festzustellen: Es wurde VORAB der Preis für die Verteilung genannt! 10,50 pro Stunde. Potzblitz, da lass ich das Zeitungszustellen doch gleich sein. Die 5, 6 Euro gebe ich gerne her. Also Herr Gebietsleiter, her mit den Prospekten, die Zeitung dürfen Sie dafür gerne behalten!   
PS: Google vermeldet den Gebietsleiter der ZVF bei der ZV München City GmbH.... Wie sich die Wege doch immer wieder kreuzen ....

04.09.2012

Klarer Blick im Nebel

Die Nebelschwaden im Münchner Osten mögen so manchem Zusteller den Blick trüben. Aber nicht die Führungscrew auf dem Logistik-Segler! Sie hat immer klaren Blick und hält das Steuerrad fest im Griff. Immer schön fröhlich bleiben! Schließlich gibt es das neue innovative Zustellsystem in der Münchner City, mit dem erfolgreich der Papierverbrauch in der Druckerei gedrosselt werden konnte. Und weil wir gerade bei "City" sind: Ein kostenloses Marketing-Produkt des Verlags verbraucht zwar noch Papier, kann aber teilweise über den Altpapierhandel refinanziert werden. Wenn das keine Erfolgsgeschichten sind...

03.09.2012

Groß und mächtig, schicksalsträchtig

Wenn der Watzmann ruft, dann hält´s auch wackre Zeitungszusteller nicht zu Haus´. Tapfer gingen sie hin zum Schicksalsberg. Um seinen Gipfel jagen Nebelschwaden - sei´s drum, sie stiegen hinein und hinauf. Bis der Himmel sich öffnete und einen klaren Blick freigab. Weit hinaus in die tiefen Niederungen, an dessen Horizont ein klitzekleiner Glaspalast auszumachen war. Und sie lauschten dem Rauschen des Windes, der so einiges von dem Palast zu berichten wusste. Wie da einige Zweifüßler schoben und hobelten, logen und trogen. Was für garstige Geschichten, die dort oben hoch am Berg zu hören waren! Die Tapferen hoch am Berg wollten das alles gar nicht hören. Doch der Watzmann, der hat sich die Geschichten gemerkt. A Donnern schickt er oft ins Tal und dann schauderts alle auf amal. Jaja, so ist er, der Watzmann. Er vergisst nix...
(Überschrift und kursiv: Textauszug Watzmann-Lied, Prokopetz/Tauchen/Ambros)