30.04.2012

ZVZ: Soziale Verantwortung = Null

Beim ersten Verhandlungstermin zum Interessenausgleich und Sozialplan bei der ZVZ hätten die Vertreter des Arbeitgebers die von Verlagsseite stets beteuerte "soziale Verantwortung" präsentieren können. Haben sie aber nicht. Nullkommanull ist das "Angebot". Worüber wir nicht wirklich überrascht sind. Denn die Taten stehen von Anfang an im krassen Gegensatz zu den Worten.
Interessenausgleich und Sozialplan werden vor der Einigungsstelle verhandelt. Sie besteht aus je drei Vertreter/innen für den Arbeitgeber sowie für den Betriebsrat und Arbeitsrichter Dr. Karrasch als unabhängigen  Vorsitzenden. Die erste Verhandlunsgrunde am 27. April dauerte vier Stunden. Doch in den ganzen vier Stunden war nicht eine Minute etwas von der "sozialen Verantwortung" zu spüren. Vielmehr spulte die Arbeitgeberseite das kaltschnäuzige Programm ab, das schon seit Ende letztem Jahr inszeniert wird. In dem eiskalt geplanten und rührselig dargebrachten Stück geht es darum, dass ein gebeutelter Zeitungsverlag seine teuren und schlampigen Zusteller vor die Tür setzt - zum vermeintlichen Schutze der Abonnenten. Er schert sich dabei weder um Wahrheit noch Moral, Hauptsache das Ziel Kostensenkung wird erreicht. Doch was dabei heraus kommt, ist das größte (und vermutlich teuerste) Zustellfiasko in der Geschichte der SZ und der von ihr mit zugestellten Zeitungen.
Doch zurück zur Einigungsstelle. Die Arbeiteberseite präsentiert einen "Interessenausgleich" der aus nichts anderem besteht als einer völlig unverbindlichen Erklärung, dass der Geschäftsführer der ZVZ geruhen wird, bei Bewerbungen in anderen ZVs warme Worte zu finden. Das war´s. Weil die Zusteller/innen ja ohnehin nicht in andere ZVs wollten, sondern sich lieber vom Annahmeverzugs-Lohn einen schönen Lenz machen, wie der Firmenanwalt meinte. Soll wohl heißen: Die kleinen Zustell-Deppen haben schon genug dem armen Verlag auf der Tasche gelegen, die sollen sich jetzt mal vom Acker machen. Kein Wort darüber, dass sich der Verlag den Annahmeverzugslohn durch seine Harakiri-Kündigung selbst eingebrockt hat.
Es fällt bei solchen "Argumenten" schwer, ruhig zu bleiben und für dieses "großzügige Angebot" die richtigen Worte zu finden. Denn es besteht darin, dass die Patronage eines Geschäftsführers, über den wir hier besser nichts sagen, zu einem Vertrag mit rund 30 % Lohnminus und Verlust von Urlaubstagen und Betriebszugehörigkeit führen würde. Denn es fehlt einfach der entscheidende Zusatz, dass die "Weiterbeschäftigung unter unveränderten Vertragsbedingungen" erfolgt. Das kommt überhaupt nicht infrage,  heißt es dazu auf der Arbeitgeberseite. Da müsse man ja "fremde Betriebe" in die Pflicht nehmen. Dass die alle den gleichen Gesellschafter haben, spielt keine Rolle.  Nie und nimmer werde die ZVZ darüber mit den Gesellschaftern sprechen, stellt der Firmenanwalt klar.
Die Arbeitnehmer-Vertreter stellen dann den Antrag, die Verhandlung zwei Wochen zu unterbrechen, um die Frage direkt mit den Gesellschaftern besprechen zu können. Wenn man behauptet, der sozialen Verantwortung gerecht zu werden, so kann doch das kein unüberwindliches Hindernis sein! Falsch gedacht; zur Prüfung kommt es nicht - denn der Antrag wird von der Arbeitgeberseite abgelehnt. Anschließend stellt der Vorsitzende das Scheitern des Interessenausgleichs fest.  Damit kann der Arbeitgeber jetzt die Kündigungen aussprechen. Somit bleibt nur noch der Sozialplan Verhandlungsgegenstand der Einigungsstelle. (Einschub: Die Verhandlungen zum Interessenausgleich sind vorgeschrieben. Es muss allerdings nicht zwingend zu einer Einigung kommen).
Die Arbeitgeberseite machte zum Abschluss der ersten Verhandlungsrunde klar, dass sich auch beim Sozialplan die "soziale Verantwortung" des Verlags nicht einstellen wird. Das "Angebot" der Arbeitgeberseite für den Sozialplan ist - NULL. Die nächste Runde im grausamen Spiel ist am 22.6.2012.

5 Kommentare:

  1. Uschi Bögl05.05.12, 00:31

    Am Samstag, den 28. April 2012 erhielt ich nach 30 Jahren Betriebszugehörigkeit meine Kündigung.
    Und ich muss sagen, dass obiger Beitrag mich im Moment sprachlos macht. Nur so viel sei vorerst gesagt, der "schöne Lenz" hat viele Facetten:
    Krankheit, Traurigkeit, Verzweiflung, Schlaflosigkeit, Ratlosigkeit, aber auch Wut und Entschlossenheit und vor allem neue Perspektiven und eine tiefe Verbundenheit mit allen Zustellern.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht einfach, aber bitte lasst Euch durch die Kündigung nicht erneut herunterziehen, bleibt mutig und stark, denn wir haben all das nicht verursacht, sondern waren, nach der ZVH, meiner Meinung nach, schon lange zum Abschuss freigegeben.
    Genießt Euren "schönen Lenz", denn das stinkt jenen, die es mutwillig herbeigeführt haben ja offensichtlich am meisten.
    In kollegialer Verbundenheit, Eure Uschi Bögl

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  2. Liebe Uschi Bögl,
    Ihrem Kommentar kann ich voll und ganz zustimmen! Ich appelliere an all die gekündigten Kollegen/innen, lasst euch von diesem bösen Übel nicht in ein schwarzes Loch ziehen. Die Herren im Glashaus kämpfen mit den schwerwiegenden Folgen der Aktion gegen euch, die sie völlig unterschätzt haben. Sie werden noch viel zu kämpfen haben, wenn ihr euch nicht unterkriegen lasst! Solidarische Grüße von Werner

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  3. Thomas JWD07.05.12, 12:11

    Geht das eigentlich, wenn der Arbeitgeber vor der ersten Einigungsstellensitzung schon die Kündigungsanhörungen an den Betriebsrat richtet?

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    1. Lieber Thomas,
      "anhören" darf der Arbeitgeber schon, auch wenn der Interessenausgleich noch nicht verhandelt ist, aber "aussprechen" darf er die Kündigung nicht. Das ist der entscheidende Unterschied.

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  4. Schon gewußt? Die ZVs sind nicht nur Zustellunternehmen. Nein, sie sind auch noch caritativ tätig. So wurde mir in einer besonderen Notlage ein Kredit zur Tilgung meiner Schulden angeboten. Ich habe abgelehnt. 1. weil das "Modell" rechtlich grenzwertig war. 2. weil ich nicht abhängig werden will von Leuten, denen ich nicht über den Weg traue. Heute so, morgen so. Und wenn sie mich dann haben, dann kann ich nur noch katzbuckeln und bin denen ausgeliefert. Die Entscheidung habe ich nicht bereut, wenn ich so einige anschaue, die ihre Seele verkauft haben.

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