29.10.2013

Helden der Nacht

Was war da aber auch los im Glashaus! Ein rauschendes Fest, "diverse Vergnügungen" gar - und das in Zeiten, wo die Gesellschafter im Elend leben und dringend mehr Kohle brauchen. Aber den lieben Zustellerinnen und Zustellern ist der Süddeutschen Zeitung und ihren Stuttgartern Geldbeutelverwaltern halt nichts zu teuer. Und dann noch der Lobredner! Niemand anderes als die edelste der Edelfedern: Heribert Prantl, das liberale Gewissen der Redaktion. Er sparte nicht mit Lob. "Systemrelevant für den Journalismus" seien die Zusteller, und die ganzen Bemühungen der schreibenden Zunft seien nicht viel wert, wenn es die lieben Zustellerinnen und Zusteller nicht gäbe. Über so viel Lob freuen wir uns ganz aufrichtig.

Aber passt, lieber Heribert Prantl, im Nebenhaus, da wo die schöne Kantine ist, da liegen ein paar Leichen im Keller. Das wäre mal ´was für einen investigativen Journalisten! Betriebsschließungen, die einen strengen Geruch nach Willkür und dem Ausschalten von Betriebsräten haben; Dutzende von Kündigungen, ganz überwiegend langjährigen Zustellern, darunter z.B. ein Alleinverdiener mit vier unterhaltspflichtigen Kindern etc.pp.; Betriebsstrukturen, die jede vernünftige Arbeitnehmervertretung unmöglich machen und zunehmend auch dem Arbeitsgericht sauer aufstoßen; ein extrem fauliger Geruch nach Umgehung des § 623a BGB / Betriebsübergang....
 

"Die Schwächsten sind der Maßstab für die Gerichtigkeit"
 (Margot Käßmann)

28.10.2013

ZV Service gegründet

Da schaut der Mensch mal so im Registergericht vorbei - und was findet er dort? Einen neuen Eintrag unter der bewährten Federführung eines mäßig bekannten Verlagshauses im Münchner Osten. Eine ZV Service GmbH ist da eingetragen (HRB 205531). Geschäftszweck ist die "Übernahme und Erbringung von Verwaltungstätigkeiten für Logistikunternehmen oder sonstige Zustellunternehmen für Presseobjekte im Gebiet Stadt- und Landkreis München, insbesondere Verwaltungstätigkeiten wie Bewerbermanagement, Personaleinsatzplanung, Lohnabrechnung, Qualitätsmanagement, Geschäftsführung etc."

Nun darf jede/r einmal verschärft nachdenken, welcher Job da noch für die Geschäftsführer/innen der ZVen bleibt....

Aber natürlich ist kein Zahnkranz im Räderwerk nutzlos - und wenn man nur als Watschenbaum für Verfahren dient, die dem Verlag beim Arbeitsgericht um die Ohren fliegen....


  

22.10.2013

Zwei Verhandlungstermine beim LAG München!

Die Klagen, die von gekündigten Zusteller/innen der ZVZ beim Landesarbeitsgericht München (LAG) anhängig sind, werden nun doch von zwei Kammern behandelt.

Die Kolleginnen und Kollegen, derren Klage vom Arbeitsgericht München stattgegeben wurde, haben Verhandlungstermin am Donnerstag, 24.10.2013, 11.15 Uhr.


Die Kolleginnen und Kollegen, deren Klagen in erster Instanz abgewiesen wurden, haben Verhandlungstermin am Mittwoch, 30.10.2013, 14 Uhr.

Das Landesarbeitsgericht München ist in der Winzererstraße 104. (U-Bahn Hohenzollernplatz, Ausgang Herzogstraße, Beschilderung im U-Bahnhof. Gehweg ca. 7 Minuten). 

Die Verhandlungen sind öffentlich. Raum ist an der Gerichtstafel im Eingangsbereich angegeben.

Eines kann schon versprochen werden: es wird spannend. Zwei Kammern des Arbeitsgerichts München (1. Instanz) waren zu unterschiedlichen Urteilen gekommen: Bei einer Kammer wurden die Klagen abgewiesen, bei einer anderen Kammer wurde den Klagen stattgegeben. Das Urteil dazu ist im Post "Schriftliche Urteilsbegründung" in Grundzügen dargestellt.

Die LAG-Entscheidung - wie auch immer sie ausgeht - wird gravierende Folgen für die Beschäftigungsverhältnisse in der Münchner Zeitungszustellung haben. Denn entweder enthält das bestehende "System" die Absolution (und die Klagen werden abgewiesen) - dann ist der Willkür und Ausbeutung weiterhin Tür und Tor geöffnet. Oder den Klagen wird stattgegeben. Dann ... möchten wir erst mal nur Mäuschen im Hochhaus sein ....

16.09.2013

Der gesetzliche Mindestlohn wird kommen

Der gesetzliche Mindestlohn wird wohl bekommen. Zumindest haben das ausser der FDP alle im Bundestag vertretenen Parteien versprochen. Der würde dann auch für die Zeitungszustellung gelten. (Was nach Verlegermeinung der Untergang des freien Verlegertums wäre. Mal sehen, wer dann wieder einknickt...) Für diesen Fall werden bereits seit geraumer Zeit hypothetische Arbeitszeiten für die Touren hinterlegt.

Wie das geschieht, haben wir unter dem Stichwort "Sabris" bereits beschrieben. Der "Elchtest" hatte ergeben, dass völlig illusorische Zustellmengen pro Stunde hinterlegt sind. Wenn also z.B. 80 Zeitungen als Zustellmenge pro Stunde angegeben sind, aber realistisch nur 40 zu schaffen sind, wird aus einem Stundenlohn von - sagen wir mal - 8,50 in der Realität ein Stundenlohn von 4,25.

Es wird also enorm wichtig, dass die hinterlegten Stückzahlen pro Stunde genau mit der Realität abgeglichen werden! Eine Aufgabe, die vom Gesetz den Betriebsräten zugewiesen wird. Wer die immer noch für unnötig hält, braucht sich nicht darüber zu wundern, dass sein Lohn immer weniger wird.

Die Deutsche Post errechnet den Stundenlohn übrigens auf gleiche Weise mit einem System namens IBIS. Ein Leserbrief-Schreiber hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass es auch dort massive Probleme zu Ungunsten der Zusteller gibt. Das gilt insbesondere für die sog. Verbundzusteller. Auch dort wird nach der Information von illusorischen Zustellmengen pro Stunde ausgegangen. Neubauten würden z.B. gar nicht in den Zeiten berücksichtigt werden. Die Folge davon ist jede Menge unbezahlter Arbeit. "Ich würde die Typen, die das am Grünen Tisch programmieren, gerne mal 14 Tage auf meiner Tour arbeitenn lassen!" so sein Fazit. Wir werden versuchen, ein Interview mit Post-Betriebsräten zu führen um mehr darüber zu erfahren, wie sie mit dem Problem umgehen.

04.09.2013

Von Verteilstellenleitern und Aussendienstlern

In verschiedenen ZVen herrscht fröhliches Kommen und Gehen an selbst ernannten oder sich so fühlenden "Führungskräften". Dabei geht es so fröhlich zu, dass manche sich plötzlich vor der Tür vorfinden, obwohl sie doch immer ihrem Herrn mit dem Palmwedel zufächerten. Und dafür andere auftauchen, die zuweilen gar nicht mehr wissen, welchem Herrn sie dienen.

Abgängig sind inzwischen einige Verteilstellenleiter. Obwohl sie sich doch immer beflissen das Fähnchen im Winde trugen und das Wohl des Betriebs im Blick hatten. Sie haben nur den guten Schiller nicht gründlich genug gelesen: "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen". Vor allem dann, wenn der Blick auf das Wohl zuweilen etwas abschweifte.

Freilich ist in diesen Zeiten immer ungewiss, ob ewas Besseres nachkommt. So berichten Kolleginnen und Kollegen von Begegnungen der dritten Art. Etwa mit dunklen Gestalten, die zu nächtlicher Stunde in den Weg springen und verkünden, dass sie nun die neuen Ansprechpartner sind. Rückfragen freilich, in welcher Funktion, in welchem Auftrag und mit welcher Befugnis sie unterwegs sind, können zu völliger Konfusion bei den so Angesprochenen führen. Aber immerhin, die eigene Büroanschrift ist den dunklen Gestalten bekannt: Hultschiner Straße.

Was sich in dem Durcheinander andeutet, ist die schon lange geplante Neuordnung der Zustellung in München. Ablagestellen statt Verteilstellen, das Wiederaufleben einer Art Vertriebsinspektoren (nur mit klangvollerem Titel) und die Zusammenführung auf vier GmbHs (bzw. vier Vertriebsgebiete) analog der Münchner SZ-Ausgaben.

Das Ziel hätte man mit Vernunft und Anstand schon längst erreichen können.


ZVZ: Die Zeit vergeht, der Betriebsrat besteht

ZVZ - war da ´was? So mag mancher im Glashaus denken. Oh ja, das war nicht nur etwas, da ist noch etwas. Denn die Zeit vergeht zwar, der Betriebsrat besteht aber weiter. Weil es noch genügend zu tun gibt. So harren zum Beispiel nach wie vor die Sozialplanverhandlungen des weiteren Fortgangs. Die stocken seit Monaten, weil der Verlag sich sehr verstockt zeigt. Wie schon mehrfach berichtet, gedenkt man dort, die willkürlich entlassenen ZustellerInnen der ZVZ GmbH mit einem Trinkgeld abspeisen zu können. So läuft das aber nicht, meinen jedenfalls all die entlassenen Kolleginnen und Kollegen, die den Rechtsschutz von ver.di genießen und deren Verfahren jetzt beim Landesarbeitsgericht München anhängig sind.

Das LAG hat die Verhandlungen für Oktober terminiert. Wir werden in den nächsten Tagen den genauen Termin an dieser Stelle veröffentlichen.

Wer wissen will, wieso ein Betriebsrat noch amtiert, dessen Betrieb es gar nicht mehr gibt: Ganz einfach, der Betriebsrat bleibt so lange im Amt, bis die vorgeschriebenen Verfahren - insbesondere die Sozialplanverhandlungen - endgültig abgeschlossen sind.
Zum Leidwesen des Verlags sind auch noch alle Betriebsratsmitglieder verfügbar. Und weil die frühere Geschäftsstelle der ZVZ GmbH in der Sonnenstraße 25 inzwischen weitgehend ausgeräumt ist und still vor sich hin schimmelt, muss extra ein Konferenzraum für die Sitzungen angemietet werden...

Absurdistan liegt halt nicht hinter dem Horizont, sondern ist schon in Steinhausen zu finden.

03.05.2013

Schriftliche Urteilsbegründung zum Betriebsübergang ZVZ / ZMC



Das fröhliche Gründen, Fusionieren, Schließen und Verkaufen von "Gesellschaften mit beschränkter Haftung" gilt heute in vielen Betrieben als Beleg für kreative Geschäftsführung. Lassen sich damit doch ganz prima Haftungsrisiken minimieren, Gewinne verschieben und Personalkosten "optimieren". Zudem verlieren Arbeitnehmer ganz schnell ihre Schutzrechte: Kündigungen werden einfacher, Sozialpläne bleiben auf der Strecke, Einkommen und andere Vertragsbedingungen können ohne große Hindernisse eingedampft werden.

Lästig sind dabei nur noch die Schutzbestimmungen des § 613a BGB zum Betriebsübergang. Denn dabei werden die bestehenden Vertragskonditionen (Gehalt, Urlaub, Arbietszeit etc.) geschützt - und zudem darf im Zusammenhang mit dem Übergang nicht gekündigt werden.Damit das schöne GmbH-Mikado durch den § 613a BGB nicht allzu stark beeinträchtigt wird, sind Heerscharen von Arbeitgeber-Anwälten damit beschäftigt, Schlupflöcher für die Umgehung des "613a" zu finden. Dabei sind sie oft erfolgreich.   

Zur Klärung des (häufigen) Steitfalls, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht , hat die Rechtssprechung diverse Kriterien aufgestellt. Die sind bei isolierter Betrachtung in der Tendenz nicht gerade "arbeitnehmerfreundlich". (Schließlich ist ja auch das freie Unternehmertum geschützt).  Anders gesagt: die Schlupflöcher sind schon eher Scheunentore. Ganz in diesem Sinne hat denn auch die Süddeutsche Zeitung die Zustellung in München organisiert.

Doch das half ihr jetzt nichts. Denn die Kammer 1 beim Arbeitsgericht München stellt unter Bezugnahme auf die Richtlinie 2001/23 EG fest, dass es nicht auf die isolierte Betrachtung einzelner Kriterien ankommt, sondern stets eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist.

Und unter dieser Maßgabe fand die Kammer 1 eine ganze Reihe von Kriterien, die den Betriebsübergang belegen:

a) Der Betriebszweck ist gleich geblieben. Dieser ist die Zustellung bestimmter Tageszeitungen in einem abgegrenzten räumlichen Bereich an die Hausadresse und die jeweilige private Empfangseinrichtung (Briefkasten, Rolle, Wohnungstür) der Abonneten durch eigene Zusteller.

b) Die ausgeführten Tätigkeiten sind vor und nach dem Betriebsübergang praktisch identisch.

c) Es kam zu keiner Unterbrechung der Tätigkeit. Vielmehr erfolgte die unmittelbare Nachfolge der Zustellung durch die ZVC.

d) Die Kundschaft ist gleich geblieben. (Für die Münchner Zustellgesellschaft ist nicht der Abonnent die Kundschaft, sondern die SZ Logistik GmbH!)

e) Die maßgeblichen Betriebsmittel sind übergegangen. Im Rahmen der Organisation der Münchner Zeitungszustellung sind die Haustürschlüssel maßgebliches Betriebsmittel!

f) Die Übernahme der Touren durch die ZVC erfolgte durch Rechtsgeschäft.

Einige interessante Erläuterungen dazu:

Die Organisationsänderung nach Übernahme durch die ZVC (Aufgabe der Verteilstellen und Direktanlieferung an Ablagen, Routenänderung bei den Touren) sind im vorliegenden Fall unbedeutend. Sie dokumentiert nur die Organisationshoheit der SZ Logistik GmbH innerhalb der Dienstleistungskette. Sie ändert auch nichts am Betriebszweck.

Die Haustürschlüssel sind nicht am "freien Markt" erhältlich. Ihr Einsatz ist unverzichtbar für die ordnungsgemäße Auftragserfüllung. Sie sind damit prägend und maßgebliches Betriebsmittel. Es ist nicht erheblich, ob die Schlüssel im Besitz der ZV oder der SZ Logistik sind.

Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der Auftragsnachfolge (die nicht zwingend ein Betriebsübergang sein muss) zu berücksichtigen, dass die SZ Logistik GmbH in München eine Monopolstellung einnimmt und die Auftragsvergabe innerhalb des SV Konzerns steuern kann. Die Neuvergabe ist nicht Folge des freien Wettbewerbs, vielmehr wird durch Fakten belegt, dass von Anfang an die unveränderte Übertragung der wirtschaftlichen Einheit geplant war.

Es darf vermutet werden, dass die Beklagtensseite in Revision gehen wird. Geld spielt bekanntlich keine Rolle, wenn die Rechtssprechung nicht passt. Wir dürfen uns dennoch erst einmal freuen, dass sich die Kammer 1 beim Arbeitsgericht München die Mühe gemacht hat, die ganze Organisations- und Gesellschafterstruktur sehr genau anzuschauen und im Hinblick auf die Schutzwirkung, die der § 613a für die Arbeitnehmer entfalten soll, zu werten.  -> Für unsere Leser/innen ausserhalb Münchens ist zu beachten, dass sich das Urteil auf die spezifischen "Münchner Verhältnisse" stützt und nicht ohne Weiteres auf andere Zustellbetriebe übertragbar ist. 

29.04.2013

Betriebsübergang anerkannt!

Liebe Freunde, ihr merkt ja, dass wir momentan nicht mehr regelmäßig zum Schreiben kommen. Wir müssen uns ja irgendwie um unseren Lebensunterhalt kümmern. Weil wir ja so schlechte Zusteller waren, dass uns die SZ bzw. ihre Handlanger gekündigt haben. Wobei wir ja im Verhandlungstermin von Vertretern der Verlagsseite hören konnten, dass unser abrupter Rauswurf doch zu ziemlichen Verwerfungen in der Zustellung geführt hat. Und irgendwie die ganze Aktion wohl doch nicht so ein Geniestreich war, wie sich das vielleicht der eine oder andere im Hochhaus oder im Schwabenland so vorgestellt hat.

In der mündlichen Verhandlung war ja schon zu erkennen, dass der Vorsitzende Richter sich sehr gründlich die Umstände der Schließung der ZVZ und unserer Kündigungen angeschaut hat. Und ihm einige Antworten der Arbeitgeberseite, die sie auf den Fragenkatalogen unseres Anwalts (gestellt übrigens vom DGB-Rechtsschutz) abgegeben hatte, nicht sonderlich überzeugt haben. Die Urteilsverkündung bestätigte dann die herbe Niederlage für den Verlag!


Das dürfte im Hochhaus für Betriebsamkeit sorgen. Auch wenn das "nur" die erste Instanz war, so ist doch zum ersten Mal die bisherige Strategie des SV von den ach so selbstständigen ZVen gescheitert. Das Urteil dürfte weit über den SV hinaus für Aufmerksamkeit sorgen, denn das böse Spiel wird auch woanders gerne gespielt.

Es ist ein böses und ein perverses Spiel auf dem Rücken von Beschäftigten. Die werden durch dieses "Modell" von sich unabhängig gebenden, aber tatsächlich völlig abhängigen Unter- und Nebengesellschaften nämlich völlig rechtlos. Jede GmbH ist bei Bedarf nullkommanix in der Insolvenz. Masse hat sie nicht - und damit bleibt nichts für Abfindungen bzw. einen Sozialplan. Wird ja alles bei der ZVZ in schönster Reinheit vorgeführt.  

Also, freuen wir uns erst einmal über ein Urteil, das dem Verlag gar nicht Recht sein kann. Deshalb wird er wohl auch das Landesarbeitsgericht anrufen. Zuvor muss aber noch die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden. Nun denn, wir schon das erste Jahr bei Gericht hinter uns, da schaffen wir auch noch das zweite Jahr...